Als gemeinsame Aktion der Partner des Gründerbegleitnetzwerkes wird von der WInTO GmbH in unserem Landkreis seit 2008 der Gründertag organisiert.
Einmal jährlich stehen gleichzeitig und an einem Ort Kammern, Banken und Beratungseinrichtungen als Ansprechpartner zur Verfügung und informieren Gründungsinteressierte und junge Unternehmen über Unterstützungsmöglichkeiten auf dem Weg in die Selbstständigkeit bzw. zur Unternehmensfestigung oder –finanzierung. Außerdem erhalten auch ehemalige Gründer des Lotsendienstes die Gelegenheit, sich und Ihr Unternehmen vorzustellen und mit anderen Gründern und Gründungsinteressierten ins Gespräch und in den Austausch zu kommen.
Zum Gründerbegleitnetzwerk OberhavelText und Foto: Stefan Blumberg
Erschienen in der Märkischen Allgemeinen Zeitung am 7. Juni 2024
Wenn Kunst und Unternehmertum Hand in Hand gehen
Musikalisch, kulinarisch, malerisch – der Gründer- und Unternehmertag in Oberhavel war noch nie so künstlerisch geprägt wie die zwölfte Auflage am kommenden Mittwoch, 12. Juni 2024. Dass es so kommen wird, war durchaus ein bisschen Zufall, andererseits wieder nicht. „Im vergangenen Jahr besuchte Anna Nazier-Bochenska bei uns ein Gründerseminar. Da entstand die Idee, dass sie bei uns in den Räumen Bilder von sich ausstellen könnte“, sagt Claudia Traut, Gründerberaterin bei der Wirtschafts-, Innovations- und Tourismusförderung Oberhavel GmbH (Winto), über das Gespräch mit der Malerin. Gesagt, getan. Und dann stand nach fünfjähriger Pause der 12. Gründer- und Unternehmertag des Landkreises im Terminkalender. „Ich war der Meinung, dass wir die Gelegenheit nutzen können, drei Künstlern die Möglichkeit zu geben, den Tag aktiv mitzugestalten.“
Sie musste nicht lange darüber nachdenken, denn zwei weitere Namen hatte sie noch bestens in Erinnerung: den von Pralinenkünstlerin Cindy Welz und den von Musiker Tom Zips. Beide nahmen 2022 ebenfalls den Lotsendienst im Haus der Winto in Anspruch. Claudia Traut sprach beide an – und beide machten mit. Auch deshalb, weil sie bei dem Kurs gute Erfahrungen gemacht hatten. „Ich merkte damals schon am Telefon: Die Frau kann und will mir weiterhelfen“, sagt Tom Zips im Vorfeld des Gründer- und Unternehmertags über Claudia Traut. Dabei wartet der „Singende Gärtner“ mit einem ganz speziellen unternehmerischen Konstrukt auf: Einerseits übernimmt er Gärtnerarbeiten inklusive Baumkletterei, andererseits ist er als Musiker in der Region unterwegs und erlebt da gerade, „dass sich hier unglaublich viel bewegt“. So stemmt der 40-Jährige Projekte mit der renommierten Sängerin Jocelyn B. Smith. Und gerade erst nahm er mit dem Rundfunksinfonieorchester sein neuestes Lied „Menschenkind“ auf. Der Lotsendienst von der Winto habe ihm den Schub in die richtige Richtung gegeben. „In Sachen Produktfindung, Preisgestaltung und Rentabilität ist mir seitdem vieles klarer“, sagt der Hohen Neuendorfer.
In Sachen Preisgestaltung ist Anna Nazier-Bochenska noch in der Findungsphase. „Das fällt mir schwer“, gibt sie zu und glaubt, zu hoch ranzugehen, wenn sie ihre Bilder zum Verkauf anbietet. Sie befindet sich am Anfang ihrer neuen beruflichen Laufbahn. Die studierte Physiotherapeutin hängte ihren Beruf an den Nagel. „Mir fehlte die Freude und die Hände machten nicht mehr mit“, sagt sie. Zu der Zeit, als sie noch als Physiotherapeutin arbeitete, war ihre alte Liebe zur Malerei längst erwacht. Sie begann – wie sie es schon in Kindheitstagen gern gemacht hatte – mit dem Malen. Parallel zum Job. Und parallel zum Familienalltag mit Mann und zwei Kindern. „Ich räumte, nachdem die Kinder abends im Bett waren, den Tisch frei und malte los“, so die in Oranienburg lebende Anna Nazier-Bochenska. Bis nachts um 1 Uhr. Morgens um 6 Uhr stand sie mit den Kindern auf, um 8 Uhr begann ihre Arbeit. Mittlerweile malt sie nur noch. Die gängigen Meinungen, dass man davon nicht leben könne und dass Kunst niemand brauche, ließ sie nicht an sich ran. „Wenn man Zeit hat, entwickelt sich etwas“, sagt die aus Polen stammende 38-Jährige. Bei ihr war das so. Jetzt ist sie dabei, Fuß zu fassen. Der Lotsendienst habe ihr sehr geholfen, den Weg als Malerin einzuschlagen. „Ohne den Kurs hätte ich mich das nie getraut“, so Anna Nazier-Bochenska, die nicht nur malt, sondern auch regelmäßig Acrylic-Pouring-Workshops anbietet.
Apropos Angebot: Wenn Cindy Welz am kommenden Mittwoch beim Gründer- und Unternehmertag erscheint, bringt sie 30 Trüffel mit. Das ist eine Kostprobe ihrer Arbeit, der sie seit Oktober 2022 – auf eigenen Füßen stehend – nachgeht. „PralinenArt“ heißt die Manufaktur in Velten, die sie aufgebaut hat und in der edle Pralinen und Schokolade für ein geschmackliches Erlebnis sorgen. Selbstgemachte und schließlich vielgelobte Trüffel waren es einmal, die ihr den Weg in die Selbstständigkeit geebnet hatten. Der große Zuspruch für ihre Kreationen machten ihr zusätzlich Mut. Jede Praline, die ihr Geschäft verlässt, ist pure Handarbeit. Die Zutaten seien durchweg Naturprodukte. „Tonnage“, wie die 50-Jährige sagt, „gibt es bei mir nicht. Das ist nicht mein Stil.“ Also Klasse statt Masse. Genuss neu erleben ist ihre Maxime. Davon überzeugt hat sie vor ein paar Wochen eine 24-köpfige Jury beim „German Chocolate AWARD in Weinheim. Alle zehn von ihr mitgebrachten Produkte landeten auf dem „Siegertreppchen“: fünf erhielten Gold, vier Silber und eins Bronze.
Tom Zips wird beim Gründer- und Unternehmertag in den Winto-Räumen in Hennigsdorf (Neuendorfstraße 23a) mit seiner Stimme und seiner Gitarre für die musikalische Umrahmung sorgen – beim Empfang, zwischen den Interviews bis hin zum Abschluss. „Ich versuche, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.“ Cindy Welz bringt exklusiv die 30 Trüffel aus ihrer Goldedition mit (wurden noch nicht verkauft und gehen auch noch nicht in den Onlineshop). Die Veltener Jungunternehmerin stellt sich zudem im Interview den Fragen. Das macht auch Anna Nazier-Bochenska. Zudem wird sie die Ausstellung ihrer Bilder eröffnen und live malen. Eröffnungsreden, Kontaktbörse, Messe, Vorträge – all das ist in den fünf Stunden verpackt (15 bis 20 Uhr).
„Ich denke, wir haben da ein ganz interessantes Programm zusammengestellt und eins, was es unter dem künstlerischen Aspekt noch nicht gab“, sagt Claudia Traut.